Vereinsauflösung? Ruhe-Jahre? Fortführung ohne Sportschießen?

Otersen. Vereinsauflösung? Verein ruhen lassen? Oder doch lieber Reduzierung auf Traditions-Verein ohne Sportschießen mit Austritt aus Schützen- und Sportverbänden? Der Schützenverein Otersen steht seit Freitagabend (22.7.2022) vor einer ungewissen Zukunft, weil bei der Jahreshauptversammlung des mit 142 Jahren ältesten Vereins in Otersen kein neuer Vorstand gewählt werden konnte. Für kein einziges Vorstandsamt gab es einen Kandidaten. Der bisherige Vorstand unter der Leitung der 1. Vorsitzenden Edith Pape bleibt zunächst geschäftsführend im Amt. Eine außerordentliche Versammlung soll es am Freitag, 23. September – einen Tag vor dem Erntefest – im Zelt auf dem Dorfplatz geben. „Bis dahin muss ein Ruck durch den früher erfolgreichen Verein gehen“, war von Mitgliedern zu hören.

Die Jahresberichte der Vorsitzenden und Damenleiterin Edith Pape, des Sportleiters Klaus Grefe, des Jugendleiters Helmut Bode und des Kassenwartes Karsten Pape waren schnell abgehandelt, weil auch im 2. Pandemie-Jahr das Vereinsleben und auch das Sportschießen zum Erliegen kam oder nur eingeschränkt lief. Die Entlastung des Vorstandes war Formsache, denn finanziell ist der Verein mit ordentlichen Rücklagen zunehmend gut aufgestellt.

Noch vor wenigen Jahren wurde über sportliche Erfolge bei den Landesmeisterschaften und sogar über Starts bei den Deutschen Meisterschaften berichtet. Legendär sind die vom Schützenverein organisierten Frühlingsfeste von 1987 bis 2007, die sich als dreitägiges Event mit viel Musik zum größten Zeltfest im Landkreis entwickelten. Später wurde das Interesse am Schützenverein geringer, der demographische Wandel führte zur Überalterung und zur starken Reduzierung der Mitglieder-Zahl auf aktuell nur noch 82. Durch Schließung und Verkauf des Vereinslokals Niedersachsenhof mit der Luftgewehr-Sportanlage fehlte dem Verein von einem Tag auf den anderen die hauptsächlich für den Sportbetrieb genutzte Sportstätte. Die zweite Sportstätte beim ehemaligen Vereinslokal Rohde, die Kleinkaliber-Anlage mit nur vier Ständen wird nur im Sommer genutzt.

Um Lösungen für eine neue Sportstätte (Luftgewehr) und einen neuen Vorstand ab 2022 zu finden, wurde 2020 ein Beraterkreis „Zukunft Schützenverein“ gegründet. Mehrere Standort-Alternativen wurden geprüft – ohne Erfolg. Die Bildung einer „Schießsportgemeinschaft“ wurde vorgeschlagen – ohne Erfolg. Die Suche nach Kandidaten für einen neuen Vorstand blieb ebenfalls ohne Erfolg. Deshalb geht es jetzt um die Existenz des früher erfolgreichen Vereins – es geht um Auflösung oder Ruhe-Jahre. Vier Tage vor der Jahreshauptversammlung hatte sich der Beraterkreis nochmals getroffen. Über die Ergebnisse berichtete in der Jahreshauptversammlung Günter Lühning. Empfohlen wurde die Einstellung des Sportbetriebes und die Reduzierung der Vereinsaktivitäten auf die Tradition mit Schützenfest, Königsschießen und Pokalschießen – einmal jährlich. Im Zusammenhang mit der Einstellung des Sportbetriebes wurde der Austritt des Vereins aus den Schützen- und Sportverbänden von der Kreis-Ebene bis zur nationalen Ebene empfohlen. Das hätte zur Folge, dass eine Teilnahme an Kreismeisterschaften, Rundenwettkämpfen und Kreisverbandsfesten nicht mehr möglich wären. Andererseits würden Verbands- und Versicherungsbeiträge in Höhe von 2.000 Euro eingespart, die Mitgliedsbeiträge könnten spürbar reduziert werden und für einen neuen Vereinsvorstand würde sich die ehrenamtliche Arbeit deutlich reduzieren. Auf dem Fundament eines „Traditionsvereins“ ohne Sportbetrieb könnte in Ruhe ein Neuaufbau gelingen. Manfred Nowack, langjähriger 2. Vorsitzender des Vereins, warnte vor den negativen Folgen einer Vereinsauflösung für die Dorfgemeinschaft.

Der Vorschlag des Beraterkreises fand dagegen allgemein Zustimmung. Weil das aber ein weitreichender Beschluss sei, sollte darüber erst in einer außerordentlichen Versammlung mit entsprechenden Tages-ordnungspunkten gemäß Vereinsrecht beraten und entschieden werden. Bei dieser außerordentlichen Versammlung wird es dann auch einen 2. Versuch geben, einen neuen Vorstand zu wählen. Bis zum 23. September verbleiben jetzt noch zwei Monate, um in intensiven Gesprächen und einem Schulterschluss zwischen den Generationen den Schützenverein zu retten. Gelingt auch am Vorabend des Erntefestes keine Neuwahl eines Vorstandes, scheint eine Vereinsauflösung näher zu rücken.