„Einfach losgehn!“ – nur mit dem Nötigsten | Pilgern mit Heike Götz

Heike Götz am 29. Juli 2022 in Otersen

„Einfach losgehn!“ – allein schon der Titel des neuen Pilgerbuches machte Mut etwas zu wagen – im alltäglichen Leben, aber besonders bei Pilgertouren. Wirklich jeden Tag neu loszugehn – egal wie das Wetter ist, egal wie die eigene Stimmung und Motivation sind. Anlässlich des Jubiläums 25 Jahre Solar-Allerfähre war NDR-Fernsehmoderatorin Heike Götz für gut zwei Stunden zu Gast in Otersen und berichtete von ihren Landpartie-Radtouren durch Norddeutschland und anschaulich und authentisch von ihren Pilgertouren.

Das „rote Fahrrad“ aus unzähligen Landpartie-Sendungen seit 1999 hatte Heike Götz in Otersen nicht dabei, berichtete aber trotzdem von ihren Begegnungen und Gesprächen vor laufender NDR-Kamera mit ganz normalen Menschen, die mit Herzblut ihrem Hobby nachgehen oder ehrenamtlich engagiert sind. So wie die Fährleute, „Knüddel-Frauen“ und Dorfladen-Akteure in Otersen, die im März 2013 bei Heike Götz vor der NDR-Kamera standen. Am Freitag 29. Juli 2022 ging es aber nicht um Radtouren durch den Norden, sondern ums Pilgern – das Wandern als Grundform der menschlichen Fortbewegung ohne technische Hilfsmittel. „Einfach losgehn“ bedeute beim Pilgern auch: einfaches – also wenig Gepäck. Nur das nötigste: Schlafsack, Regenjacke, Sonnenhut, ein bis zwei Wandershirts, wenig Waschzeug, wenig Lebensmittel, Wasser – und dann: „Einfach losgehn“.

NDR-Moderatorin und Buchautorin Heike Götz bei der Lesung in Otersen

In Swinemünde an der deutsch-polnischen Grenze startete Heike Götz 2021 auf einem der vielen Jakobswege in Europa, dem „Via Baltica“ – 29 Tage lang von Usedom bis Bremen. In Europa gibt es ein weit verzweigtes Netz von Jakobswegen. Der „Via Baltica“ beginnt im Baltikum – oder der „Via Skandinavica“ beginnt im hohen Norden, der bei Hamburg auf die Route aus dem Baltikum trifft. Alle euro-päischen Jakobswege führen an die französisch-spanische Grenze und von dort zum großen Ziel Santiago de Compostela im Nordwesten Spaniens.

Heike Götz und der Pilgerpass

Beim Start 2021 in Swinemünde lagen 29 Pilgertage und etwa 600 km Wegstrecke auf der „Via Baltica“ bis Bremen vor Heike Götz und ihrem Ehemann. Durchschnittlich 20 Kilometer seien sie gepilgert, bei großer Hitze ebenso – wie bei einem starken Gewitter am frühen Morgen. Während der Pilgertour waren beide Selbstversorger, mussten den Lebensmittel-Einkauf vorausschauend planen, weil oft nur alle zwei Tage ein Lebensmittel-Einkauf möglich war. „Gut das ihr in Otersen den Dorfladen habt“, erinnerte sich Heike Götz an ihre Dreharbeiten 2013. Übernachtet wurde in Pilgerherbergen, meistens in Gemeindehäusern der örtlichen Kirche. Geschlafen wurde auf Feldbetten, mal auf Matratzen – nie in Hotelbetten. Nicht immer gab es Duschen, oftmals nur Waschgelegenheiten. „Man beschränkt sich auf das Wesentliche, findet zu sich selbst, beim Pilgern auch zu Gott“, berichtete Heike Götz.

Heike Götz zeigt das weit verzweigte Netz der Jakobsweg-Pilgerpfade in Europa – alle mit einem Ziel: Santiago de Compostela im Nordwesten Spaniens

Aus ihrem erst kürzlich neu erschienen Buch „Einfach losgehn“ las Heike Götz aus den Kapitel 1 und 2 über die Etappen von Swinemünde bis Greifswald und weiter bis nach Rostock. Meist zeigen Kirchtürme, die aus der Landschaft herausragen, den Weg in den nächsten Pilgerort. Alle Jakobswege sind ansonsten durch die gelbe Muschel gut ausgeschildert.

Natur und Landschaft nehme man beim Wandern aufgrund der Langsamkeit viel intensiver wahr, als bei Reisen mit Fahrrad oder gar Auto, betonte Heike Götz. Die Wahrnehmung des Umfeldes mit allen Sinnen seien bereichernd, auch die Begegnungen mit Menschen. Nach der Lesung signierte Heike Götz viele Bücher und sprach mit vielen Gästen im Zelt.